Das Neubauprojekt an der Bergstraße / Ecke Fichtestraße steht exemplarisch für eine Entwicklung, die wir im Rahmen unserer Recherchen immer wieder beobachten: Bauprojekte, die zunächst wirtschaftlich geplant sind, werden ohne nachvollziehbare Begründung verworfen, neu aufgelegt und zu deutlich höheren Kosten vergeben – stets unter auffallend ähnlichen Beteiligten.
Unsere Erkenntnisse stützen sich dabei auf vorliegende Dokumente, interne Unterlagen und mehrere Zeugenaussagen.
Vom soliden Plan zur teuren Umplanung
Im Jahr 2019 reichte der damalige WiWO-Geschäftsführer Frank Kerber den Bauantrag für das Wohnprojekt ein. Die Planung sah geschätzte Kosten von 3,5 Millionen Euro vor – solide kalkuliert und bereits genehmigungsreif. Doch nach Kerbers fristloser Kündigung im April 2020 wurde das Projekt gestoppt.
Sein Nachfolger Sven Schulze zog den Bauantrag ohne nachvollziehbare Begründung zurück. Statt auf bestehenden Planungen aufzubauen, entschied man sich für eine vollständige Neuplanung – mit dem Ergebnis zusätzlicher Planungskosten im hohen sechsstelligen Bereich. Die Umstände dieses Richtungswechsels werfen Fragen auf, zumal uns mehrere Zeugen aus dem Umfeld der Projektbeteiligten von einem politisch motivierten Kurswechsel berichten.
Ausschreibung: Der teuerste Anbieter gewinnt
Die WiWO ließ das Projekt daraufhin öffentlich ausschreiben. Drei Angebote gingen ein, darunter zwei mit deutlich günstigeren Konditionen:
- 4,4 Millionen Euro (ein Generalunternehmer aus Dresden)
- 4,5 Millionen Euro (eine Baufirma aus Wildau)
- 5,1 Millionen Euro (Schneider Systembau GmbH)
Doch nicht etwa der günstigste oder der regional ansässige Anbieter erhielt den Zuschlag, sondern – wie in mehreren anderen Fällen zuvor – die Schneider Systembau GmbH.
Zeugenaussagen belegen, dass selbst Beteiligte an der Ausschreibung diese Entscheidung intern als nicht nachvollziehbar bezeichneten. Der Aufschlag von rund 700.000 Euro gegenüber dem günstigsten Angebot wurde nie öffentlich oder sachlich begründet.
Noch bevor die Bauarbeiten überhaupt begonnen hatten, stellte Schneider Systembau zudem einen Nachtrag in Höhe von 85.000 Euro – ein weiteres Indiz dafür, dass das Projekt von Anfang an mit versteckten Mehrkosten belastet war.
Ein Muster, das sich verfestigt
Laut Satzung der WiWO lautet der Unternehmenszweck:
„Gegenstand des Unternehmens ist vorrangig eine sichere und sozial verantwortliche Wohnungsversorgung breiter Schichten der Bevölkerung.“
Wie aber lässt sich ein solches Leitbild mit Entscheidungen vereinbaren, die regelmäßig gegen wirtschaftliche Vernunft verstoßen und Millionen zusätzlich kosten?
Wer verantwortet es, dass ausgerechnet die teuersten Anbieter immer wieder den Zuschlag erhalten?
Was sich hier zeigt, ist kein Einzelfall – es ist Teil eines Systems. Ein System, das Planungs- und Entscheidungsprozesse in Intransparenz hüllt und mit öffentlichen Geldern sorglos umgeht.
Ausblick auf Teil 4
In Teil 4 unserer Serie werfen wir einen genauen Blick auf die Kopfbauten am Fliederweg und Hückelhovener Ring – zwei Projekte, die in ähnlich fragwürdiger Weise umgeplant, verteuert und vergeben wurden.
Haben Sie Informationen, Dokumente oder Hinweise zu diesem oder anderen Bauvorhaben der WiWO? Schreiben Sie uns vertraulich an:
arndt@classenrecherche.com